Sechs Jahre nach dem ersten Foto ein 
BEHIND THE SCENES
Hinter den Fotos passierte etwas..
Im Laufe der Zeit habe ich einige Persönlichkeiten – kurz oder länger – auf ihrem eigenen Planeten mit meinem gelben Globus besucht. Ein paar Jahre sind inzwischen vorbeigeblitzt:
Solar und Ghost kämpfen nicht mehr im Hambacher Forst. Miriam auf dem Hof der Solidarischen Landwirtschaft in Dortmund brachte an dem Tag des Fotos ihr Kind zur Welt, Henry, der mittlerweile fröhlich neben seinem Vater auf dem Trecker sitzt. Und meine Tochter, die mir auf dem Foto ihre Haare umhängt, hat bald einen ähnlich großen Bauch wie Miriam damals – ich werde Opa!
Manche Menschen habe ich seitdem nie wieder gesehen, andere sind Freunde geworden, wie Friedrich Laker, den ich in der „Dortmunder Klimaallianz der Religionen und Weltanschauungen“ unterstütze.
Der junge Flo ist ein begnadeter Schlagzeuger geworden und in seiner Altersklasse gehört er wohl zu den Fittesten in Nordrhein-Westfalen. Ich gebe ihm weiterhin jede Woche Drumunterricht und er nimmt an landesweiten Wettbewerben teil.
Vielleicht entdeckt ihr auf den Bildern auch die besonderen Brüder aus Marmelody bei Johannesburg, Südafrika: Rheece Kriel trägt keine Dreadlocks mehr, aber malt als Kunstlehrer weiterhin seine feinen surrealen Zeichnungen – auf Facebook zu bewundern. Sein Bruder – etwas Kevin-Costner-like – hat allerdings mit richtigen Waffen zu tun – ob er sie weiterhin in jener Eliteeinheit der südafrikanischen Armee auf Menschen anlegen muss?
Beide in ihrer Unterschiedlichkeit Brüder... und auf diesem Bild vereint.
Rheeces Sohn, Blue, hält uns auf einem Bild die Faust entgegen und umarmt mit der anderen den Globus. Ich glaube, es war mehr als Aufforderung gedacht, unsere Hand an seine spielerisch anzulegen.
Das Ziel ist der Weg
Wie kam ich eigentlich dazu, frage ich mich selber, bestimmten Personen solch ein Modell unseres Planeten in die Hand zu drücken und mit dem Handy dann ihre kurzen Äußerungen festzuhalten?
Ich erinnere mich: Ein Freund von mir hat mal die Figur eines kleinen Lämmchens verdutzen Leuten hingehalten und gefragt, was ihnen dazu einfällt. Es muss ein christlich-österliches Thema gewesen sein. Woanders erlebte ich ein Fotoprojekt, indem die Portraitierten per Selbstauslöser ihr Bild selber bestimmten. Es passierte dann wie oft bei uns: Von verschiedenen Richtungen gibt es heiße Drähte und sie schmelzen zu einer Idee zusammen und dann steht etwas Neues auf. Kleinen Globus bestellt, Aufhängung abgeschraubt und dann auf einen guten Moment gewartet.
Ziel: Den unterschiedlichsten Personen etwas zu entlocken, was sie innerlich empfinden, wenn sie konfrontiert werden mit dem Modell unserer aller Heimat, bestehend, wie unserer Planet, aus Sternenstaub; komplett verschieden und doch eins. Und dann mich selber überraschen, wie es genau weitergeht. Mit Neugierde und etwas Angst.
Aber Angst wovor? Die kleine Angst ist manchmal eine heimliche Begleiterin von mir, wenn ich meine, keinen Boden unter mir zu haben; in einer Dunkelheit tastend nicht genau zu wissen, was mich erwartet. Ob diese Angst vor dem Fremden uns veranlasst, stets die Grenzen eng zu halten und unsere Geschwisterschaft zu begrenzen? Um nicht auf die Natter zu treten, die Spinne an der Wand zu fühlen... Tiefe Fantasien, weit bevor sich die Natter als ein fantastisches Wesen und die Spinne als vorbildhafte Baumeisterin entpuppt?

Ich wollte möglichst gegensätzlichen Menschen einen Raum nebeneinander geben. Auch SS Siggi vom Borsigplatz wäre dabei gewesen – aber er ist vorher gestorben. Warum nicht anhören, wie er diesen Heimatplaneten versteht? Meinem Traum von der Geschwisterschaft aller Menschen komme ich jedenfalls auf meinem eigenen Globus etwas näher.
Kontinente voller Planeten – Ver(n)einende Geschwisterschaft
Meine Lebenspartnerin Tina hielt am Projekt-Start vor dem Regierungsgebäude in Pretoria, Südafrika an Ostern 2017 den Globus in die Luft. Wenig später landete er unter der sengenden Sonne Südafrikas schon in den Händen eines sich ausruhenden Mannes, der auf einer großen, leeren Wiese eine kleine Reismahlzeit aß und eigentlich lieber weiter seine Entspannung wollte.
Es wirkte alles sehr chillig auf mich, aber die ersten gepanzerten Polizeiwagen standen in der Nähe bereit und wenige Tage später gab es eine gewaltig große Demo für die Absetzung des Präsidenten Zuma.
Diese verneinte Geschwisterschaft diverser Menschen hat besonders viele Kapitel und Kämpfe in Südafrika geschrieben. Eigentlich war ich dort, um mit einem Haufen Trommeln ausgerüstet nicht weit von Johannesburg in einem Township Musik-Workshops anzubieten. Leider musste ich gleich beim ersten Anlauf umdrehen, weil Autoreifen brannten und die Stimmung zu aufgeheizt war. Die ersten Globe-Portraits und tausend bunte Eindrücke nahm ich aber wieder mit nach Hause: Den inneren Reichtum und die leuchtend freundlichen Menschen dieses vor Spannung strotzenden Landes.
Einstellungen, Ausstellungen
In Deutschland sammelte ich weitere Portraits mit meinem Globus: Von bekannten KünstlerInnen, Obdachlosen und SchülerInnen, die mir über den Weg liefen oder denen ich hinterherlief. Auf dem Dortmunder Kirchentag 2019 gab es dann die erste interaktive, großformatige Ausstellung, die wir im Team mit meiner Partnerin Tina und dem Grafiker Tim Schäfer in den Messehallen vor tausenden Menschen zeigten.
Die Resonanz war wirklich toll. Mit so vielen offenherzigen BesucherInnen hatte ich nicht gerechnet. Man konnte sich auch mit einem Statement und dem Globus fotografieren lassen, sich mit seiner Sichtweise „outen“. Einige dieser BesucherInnen habe ich auf diese Seite gesetzt.

Auch später auf Portraitsessions holte ich dann und wann den Globus wieder raus.
Aber erst nach Corona gab es 2023 wieder eine „My Globe – YOur Globe“-Ausstellung im Depot, Dortmund – und weitere sind im Kalender eingetragen.
Globe vor Ort, Ewiges Zusammen-Spiel
Auf dieser Seite unter *„Globe - local“ biete ich auch an, dieses Projekt als Kommunikations- und Kunstformat an Schulen, in Aktionskreisen, Gemeinden oder Festen anzuleiten oder zu betreuen. *(Seite im Aufbau)
Hierbei gibt es stets auch das interaktive Element, selber ein Statement abzugeben, über das Thema nachzudenken und sich anregen zu lassen: Was fasziniert mich, was wünsche ich mir in diese aktuelle Zeit hinein, was wünsche ich mir für die Zukunft?
Ich probiere aus, wie diese Portraits möglichst aussagekräftig und berührend sein können. Es kann mit Blitz oder natürlichem Licht, in Studio-Atmosphäre, draußen oder bei den Leuten zu Hause passieren, in Farbe oder schwarz-weiß – der ´Globe´ ist das verbindende Element.
Durch das Zusammenpassen von ungeplanten Einflüssen, von Licht und Perspektive, von dem intensiven Blick und der ganz unterschiedlichen Anmut so vieler wunderbarer Personen, stellen die Bilder oft überraschende Geschenke an mich selber dar: Dass ich in diesen bestimmten Situationen und diesem einzigartigem Zusammenspiel da gewesen sein durfte. Oft werde ich erst hinterher des Gesamteindrucks in der Ruhe gewahr.
So ist das Projekt ein Teil von unserem ewigen Unterfangen miteinander Kontakt aufzunehmen, so unterschiedlich wir auch sein mögen. Und uns Zeit zu nehmen, tiefer in die Augen des Anderen zu schauen bis wir mehr von ihm verstehen – und er von uns.
Folgeprojekt YOUR Globe: Auf, in und hinter
Im Folgeprojekt „Your Globe“ besuche ich Menschen auf ihrem ganz eigenen Planeten; der „kleine Prinz“ fing mal an damit. Hier bekommen die Einzelnen viel mehr Platz und haben jeweils über ein Dutzend Fotos Raum, die ich im kurzen Zusammenleben, während der kurzen Reise auf den anderen Planeten, gemacht habe – ein Ausschnitt ihres Alltags. Möglichst nahe und intensiv in dem Leben, hinter den Wänden und Wohnungen von KünstlerInnnen, Kindern und Senioren – zwischen Mantrasingen vor dem Fenster und Umziehen nach der Probe, Katze streicheln und Theaterspiel.
Hier ist der Link zum Projekt „Your Globe“: https://yourglobe.myportfolio.com
Schön, wenn ich diese Momente und die Statements mit Dir teilen kann. Vielleicht inspiriert Dich dies zu anderen Ideen?
Jedenfalls ist es gut dort weiterzumachen oder zu suchen, wo sich unserer Weg erfindet. Wir haben die gleiche Heimat und sind mindestens Nachbarn.
Melde Dich gerne und alles Liebe!
Micha
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